organische Schadstoffe

Jöns Jakob Berzelius (geb. 1779) hat im Jahr 1807 den Begriff „organische Chemie“ geprägt. Damals dachte man, dass Stoffe der belebten Welt anders seien als in der unbelebten Welt. Mit organischen Verbindungen werden heute in der Chemie Moleküle mit dem Element Kohlenstoff bezeichnet. Dabei gibt es einige Kohlenstoffverbindungen wie Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Carbide und ähnliche, die der anorganischen Chemie zugeordnet werden.
Organische Kohlenstoffverbindungen lassen sich meist verbrennen (z.B. Kohle und Erdöl).
Der Eintrag von natürlichen organischen Verbindungen in Gewässer geschieht z.B. durch Rauch und Partikel aus Vegetationsfeuern (Wald- und Buschbrand), kleine Pflanzenpartikel (Pollen, Pilzsporen, Partikel aus zersetzten Blättern) und lebende Organismen wie Bakterien und Pflanzenemissionsstoffe. Der Wald und andere Pflanzen geben viele flüchtige organische Gase ab, wie Isopren, Terpene oder aromatische Öle die durch flächigen Eintrag aus der Luft ins Oberflächengewässer gelangen.

Der Mensch produziert heute eine große Menge von unterschiedlichen organischen Stoffen, die auf unterschiedlichen Wegen in unser Wasser gelangen und dort zu einer Belastung unserer Gewässer führen. Nur einige der unübersehbaren Zahl von organischen Stoffen werden in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) berücksichtigt und überwacht.

So werden bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) die vier Verbindungen Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(ghi)perylen und Indeno (1,2,3-cd)pyren im deutschen Trinkwasser überwacht. Nicht im deutschen Trinkwasser überwachte PAKs, die seitens der US Umweltbehörde EPA gefordert werden, sind Naphthalin, Acenaphthylen, Acenaphthen, Fluoren, Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen, Pyren, Benzo(a)anthracen, Chrysen und Dibenzo(a,h)anthracen.

Ins Oberflächenwasser kommen organische Schadstoffe durch Unfälle in Industrie oder Verkehr (z.B. Tankerunfälle, Havarien oder Großbrände in Industrieanlagen) und durch Einleitung ungeklärter Abwässer.
Über das Grundwasser können in das Oberflächenwasser die wasserlöslichen oder flüssigen Bestandteile illegal deponierter Abfälle aus privaten Haushalten, Industrie und Gewerbe gelangen.
Durch undichte Kanalisationsrohre fließt Abwasser ins Oberflächenwasser und Grundwasser.
Des Weiteren kommen organische Schadstoffe aus der Landwirtschaft ins Wasser durch übermäßiges Düngen von Feldern mit Mist und Gülle, welche hauptsächlich aus der Massentierhaltung stammt.
Viele gelöste organische Kohlenstoffverbindungen (dissolved organic carbons, DOC), die im Wasser enthalten sind, absorbieren UV-Strahlung. Dazu zählen Humin- und Fulvosäuren, durch die das Wasser eine typisch gelbe Färbung annimmt. Gelöste organische Stoffe können zur Bildung von Trihalomethanen (THM) als Nebenprodukt der Chlorung führen.

Benzol, Toluol, Xylol, Ethylbenzol (BTXE / BTX) sind Substanzen, die einzeln analysiert aber summarisch in der „Verordnung über die Untersuchung des Rohwassers von Wassergewinnungsanlagen“ dokumentiert werden. Diese Stoffe kommen aus der Lösungsmittelverwendung, Altablagerungen (z.B. Gaswerke), Autoabgasen und Benzinversickerungen. Diese Schadstoffe können Leberschäden und chronische Nervenschäden verursachen. Benzol ist als krebserregend eingestuft.

Die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) sind Produkte unvollständiger Verbrennungen bzw. Verschwelungen. Sie stammen vor allem aus Autoabgasen, Ruß, Teer und Bitumen. Zu dieser Substanzgruppe zählt das krebserregende Benz(a)pyren. In der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) werden 6 Parameter berücksichtigt und summarisch (als C) angeben. Dagegen fordert die US Umweltbehörde EPA die Analyse von 16 PAKs. Dieser Forderung schließen sich zum Teil deutsche Umweltüberwachungsstellen an.

Der niedrige Grenzwert für die summarisch erfassten PAKs nach Anlage 2 der TrinkwV weist darauf hin, dass bei bestimmten krebserregenden (karzinogenen und mutagenen) Stoffen keine Minimalkonzentration (Schwellenwert, no effect level), wie bei klassischen Dosis-Wirkungs-Beziehungen üblich, angegeben werden kann, unter der eine Wirkung sicher auszuschließen ist. Das heißt, jede Dosis verursacht theoretisch Krebsfälle, die bei geringen Konzentrationen nur statistisch bei einer entsprechend großen Bevölkerungszahl feststellbar sind.

Der Grenzwert für die Summe aus den 6 PAKs nach der TrinkwV 2001 der BRD ist 200 ng/l.

Polychlorierte Bi- und Terphenyle (PCB und PCT) sind Substanzen, die früher eine breite technische Anwendung fanden. Sie wurden als Trafoöle, Kühlmittel und Hydrauliköle verwendet. Heute sind sie in der offenen Anwendung als Kunststoffweichmacher, in Druckfarben, Kopierpapier, Dichtungsmassen, Brandschutzimprägnierungen verboten.
Diese Substanzen haben vor allem chronische Giftwirkungen. Die thermischen Reaktionsprodukte (nach Bränden), die Dibenzofurane sind in ihrer akuten Toxizität mit dem "Sevesogift" Dioxin (TCDD) gleichzusetzen. Des Weiteren sind sie äußerst stabil in der Umwelt und reichern sich wegen ihrer Fettlöslichkeit in der Nahrungskette an. Bei Untersuchungen der Anreicherung von PCB in der Nahrungskette (Endglied: Seehund) in der Nordsee wurde eine Erhöhung um bis zu 1 : 80 Millionen gegenüber dem Meerwasser Erhöhung festgestellt. Diese Anreicherung von PCB findet auch im Mensch statt, der am Ende der Nahrungskette steht. Depots für eine Anreicherung von PCB und anderen lipophilen (fettlöslich) Chemikalien sind fetthaltige Gewebe bzw. Organe und vor allem die Muttermilch.
Festgestellte Folgen von PCB Massenvergiftung bei Menschen über kontaminiertes Speiseöl waren Leberschäden, Chlorakne (Hautverätzungen) und schwere Missbildungen bei Neugeborenen, die neben vielfältigen Defekten eine dunkle Haut aufwiesen ("black babies").

Bei den Pflanzenschutzmitteln ist zu beachten, dass die in der Umwelt entstehenden Zwischenprodukte giftiger sein können als die Ausgangssubstanz. So werden z.B. aus vielen neueren Pestiziden als Abbauprodukt in der Biosphäre Nitro- und Aminoaromate bzw. Anilinderivate (Chlortoluron, Metazochlor, Monuron, Metobromuron, Trifluralin u.a.) gebildet, die zum Teil unter dem Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Des Weiteren können diese Abbauprodukte stabiler sein als die Ausgangssubstanzen (sogenannte dead end-Produkte) und reichern sich im Boden an. Viele Abbauprodukte der Pflanzenschutzmittel sind darüber hinaus wasserlöslicher (polarer) als die Ausgangssubstanzen und stellen somit eine größere Gefährdung für das Grundwasser dar. In der Trinkwasserüberwachung ergibt sich aber das Problem, dass viele Abbauprodukte nicht ausreichend charakterisiert bzw. bekannt sind und daher Verfahren für die Spurenanalytik fehlen.